Heimat ist kein Ort

Eine Karpfenland Fotoausstellung

Mai bis Juni 2023

Portrait einer Kulturlandschaft

Das Karpfenland ist da wo Teichwirtschaft Weiherlandschaft schafft. Eine über Jahrhunderte von Mensch und Natur geformte Kulturlandschaft, die – frei nach Martin Schwind – immer auch Ausdruck menschlicher Geisteshaltung ist.

In meinen Landschaftsbildern und Alltagsimpressionen versuche ich diesem Geist nachzuspüren. Es geht um Traditionen und Typisches, aber auch um unsere Beziehung zur Natur. Und darum, wer wen in diesen Geschichten mehr prägt: der Mensch die Landschaft oder die Landschaft den Menschen?

Warum mich diese von Teichwirt*innen geschaffene Landschaft – halb künstlich, halb natürlich, halb nützlich, halb schön – anzieht? Vielleicht weil sie so gar nicht aussieht, wie die Futter- und Biogas-Maisfelder meiner Heimat. Oder weil sie schon zweite Heimat ist?

Im Kuratenhaus Heroldsbach

Die grobkörnigen, analogen Fotografien fanden in der historischen Scheune des aufwändig renovierten Kuratenhaus in Heroldsbach erstmals eine passende Bühne. Umgeben von Exponaten, die allesamt Heimatgefühl vermitteln, ermöglichten die Bilder den Besuchenden über genau diesen Begriff „Heimat“ neu nachzudenken.

Naheliegendes mit anderen Augen sehen

Vor einiger Zeit bin ich über ein Zitat von David Suzuki gestolpert, einem Wissenschaftsmoderator, Umweltaktivisten und emeritierten Professor für Genetik:

The way we see the world shapes the way we treat it. If a mountain is a deity, not a pile of ore; if a river is one of the veins of the land, not potential irrigation water; if a forest is a sacred grove, not timber; if other species are biological kin, not resources; or if the planet is our mother, not an opportunity – then we will treat each other with greater respect. Thus is the challenge, to look at the world from a different perspective.

Die Welt aus einer anderen Perspektive betrachten und so lernen, besser mit ihr umzugehen – genau darum geht’s mir: die Schönheit der karpfenländischen Kultur zeigen und damit einen kleinen Beitrag zum Erhalt dieser Kulturlandschaft leisten.

Also, was, wenn ein Weiher gar kein Weiher ist, sondern ein Platz an dem Erinnerungen wachsen? Und was, wenn ein Wirtshaus gar kein Wirtshaus ist, sondern eine Familiengeschichte? Oder ein Karpfen kein Fisch, sondern ein Zeichen für Zuhause?

So eine Perspektivwechsel-Frage stelle ich auch dem Heimatbegriff. Was, wenn Heimat gar kein Ort ist? Ist sie dann nur ein Gefühl? Oder ein Zustand? Oder ist da noch mehr? Ich glaube mich zu erinnern…

Erinnerungen

Memories

Der Blick aus dem Autofenster, wenn wir aus dem Urlaub zurückkamen und ich wusste: bald sind wir da.

The look out of the car window when we came back from holiday and I knew: soon we'll be there.

Heimkommen / Coming home

Dieser Platz ganz in der Nähe, wo ich oft alleine hin bin, denn ich wusste, hier bin ich sicher.

This place nearby, where I often went alone, because I knew: this is where I am safe.

Halt / Hold

Unsere gemeinsamen Mahlzeiten, das Klimpern von Besteck und Gläsern und sonst nichts.

Our meals together, the sounds of cutlery and glasses and nothing else.

Schweigen / Silence

Geschichten, die wohl viele kannten und die sich doch keiner laut erzählen traute – weil sie wahr sind?

Stories that seem to be known by many and yet no one dares to tell aloud - because they are true?

Geheimnisse / Mysteries

Feste, bei denen ich kaum jemanden kannte, und Feiern, zu denen ich gar nicht ging und doch gehöre ich dazu.

Feasts where I hardly knew anyone, and parties where I didn't go at all - yet I belong.

Familie / Family

Das mulmige Gefühl in meinem Bauch, wenn mir jemand sagte, das sei schon immer so gewesen.

The queasy feeling in my stomach when someone said it had always been like this.

Unbehagen / Anxiety

Ich erinnere mich an meine alte Schule und an mein altes Fahrrad und wie alles Alte plötzlich neu aussah, als ich eines Tages zurückkehrte.

I remember my old school and my old bike, and how everything old suddenly looked new when I came back one day.

Abschied / Farewell

Christbaumschmuck und Strandurlaub, plattdeutsche Phrasen und spitze Nasen – alles wie gehabt.

Christmas decorations and beach vacations, Low German phrases and pointy noses – everything returns.

Wiederkehr / Recurrence

Erster Rausch, erster Kater, erster Kuss; an die zweiten erinnere ich mich nicht.

First booze, first hangover, first kiss; I don't remember the second.

Erste Male / First times

Ach – Wiesn und Narren, torkelnde Herzen und das Erwachen danach.

Ah, Wiesn and fools, staggering hearts and waking up afterwards.

Erfindung / Imagination

Das Ringen mit mir und der Welt, das Versinken und der Moment, wo es wieder aufwärts geht.

Struggling with myself and the world, sinking and then rising again.

Ringen / Struggle

Ein Gefühl, das mich bis heute nicht loslässt.

A feeling that has stayed with me to this day.

Sehnsucht / Longing

Heimat ist Erinnerung

Wie ein schwebendes Gefühl
Ein Zustand, der in seinen schönsten Momenten geteilt ist.

Heimat is remembering. It's like a floating feeling, a state shared in its most beautiful moments.